Oder „Wie unterrichte ich die Anamnese in der Empfindungsmethode“?“
Ein Beitrag von Sigrid Lindemann
Ich erinnere mich an die ersten Jahre meiner Dozententätigkeit für die Sankaran- Methode: Ich zeigte Videofälle in denen Menschen „die Quelle“, die Ursubstanz, ihr ureigenes Heilmittel genau beschrieben. Das Echo der Seminarteilnehmer war vielfach:
- „Interessant – aber so etwas sagen meine Patienten nicht, Deine Patienten gehen da tief in sich – aber hier in Deutschland ist das anders.“
- „Meine Patienten sagen: ‚mehr kann ich dazu nicht sagen’ und damit ist die Anamnese à la Sankaran beendet und ich arbeite klassisch weiter.“
Techniken für solch tiefe Anamnesen sind erlernbar – aber können nicht bei jedem Patienten angewendet werden und bis zur Quelle führen. Ich habe über Jahre meine Arbeitsweise sehr strukturiert dokumentiert, so dass mein Vorgehen in der Anamnese Schritt für Schritt nachvollziehbar ist. Es bestätigt sich, dass eine tiefe Anamnese durch das „unvoreingenommene Nachfragen“, das „offen sein“ für das, was der Patient wirklich innerlich fühlt und erlebt, erreicht wird.
Vielleicht ist es auch ein „voreingenommenes Unvoreingenommensein“. Damit meine ich die Achtsamkeit bezüglich meiner eigenen Voreingenommenheit vis-a-vis einem Patienten.
Die Haltung des Homöopathen beeinflusst die Anamnese
In der Entwicklung der Anamnesetechnik seit 2000 hat sich herausgestellt, dass intensives „hämmerndes“ Nachfragen nicht nötig, ja sogar irreführend und kontraproduktiv sein kann. Im Gegensatz dazu ist das, was der Patient spontan äußert immer zielführend. Daraus ergibt sich, dass der Behandler verschiedenste Anamnesetechniken mit höchster Flexibilität einsetzt – um die Anamnese für den Patienten einfach zu gestalten und einen spontanen Redefluss herbeizuführen. Sankaran sagt: „Die Anamnese ist ein meditativer Prozess – für den Patienten und für den Homöopathen. Der Beobachter sein – still und leer. Der Homöopath bringt den Patienten auf diese meditative Ebene (Ebene 7). Ist der Homöopath nicht in diesem Zustand so wird die Anamnese fehlerhaft.“ (Quelle: Rajan Sankaran’s Webforum „Insight Alliance“, 2008). Die innere Haltung des Homöopathen beeinflusst die Anamnese maßgeblich - eine Tatsache, die wir aus der Quantenphysik kennen – und die in der Naturwissenschaft abgelehnt wird.
Die eigene Erfahrung des „unvoreingenommenen Beobachters“ Für die Lehre der Empfindungsmethode bedeutet dies, dass entsprechende Techniken um „in den Beobachter zu gehen“ und „innere Stille zu schaffen“ vorgestellt werden. Diese Einblicke mittels kurzer interaktiver Übungen selbst zu erfahren und das genaue Nachverfolgen der Anamnesetechniken in den Live- und Videofällen zeigen auf, wann, wo und wie möglichst minimal zu intervenieren. Eine konstitutionelle Behandlung fördert im Langzeitverlauf die gedankliche Stille des Behandelten. Homöopathen, die von der Wirkung ihres eigenen Konstitutionsmittels profitieren, können so zusätzlich ihren eigenen „unvoreingenommenen Beobachter“ unterstützen.
Intention zu Beginn der Anamnese Schon zu Anbeginn der Anamnese kann „die Ebene des unvoreingenommenen Beobachtens“ angesprochen werden: Die Intention des Homöopathen kann sich direkt auf „ das andere Lied“ richten, statt wie sonst üblich auf die Fakten (üblich in der allopathischen Anamnese) oder die Emotionen (wie im normalen Gespräch und psychotherapeutischen Ansätzen). Der Fokus der Anamneseführung kann in einem Vorgespräch mit dem Patienten erläutert werden oder ohne Verbalisierung die Anamnese als verinnerlichte Frage „Was aus der Natur ist dein anderes Lied“ begleiten. Ist die Anamnese mit den verfeinerten Anamnesetechniken gut gelungen, so werden sowohl Sankaran`s Vitalempfindungen als auch unsere klassischen homöopathischen Mittelbilder in der Anamnese sehr deutlich – „Materia Medica Live“. Geht die Anamnese hier noch tiefer, so wandeln sich Bezüge zu Ursubstanzen zu wirklichem Eintauchen in das Informationsfeld der Mittelsubstanz.
Dies ist erlernbar In Supervisionen bei Neulingen der Empfindungsmethode ist immer noch der häufigste Kommentar: „Frage weiter nach bis etwas wirklich Erlebtes, wirklich Empfundenes beschrieben wird.“ Dahin gibt es 1000 Wege! Es gibt viele Möglichkeiten Kommunikation einfacher und fließender zu gestalten, so dass das Gegenüber spontan weitererzählt. „Weniger ist mehr“ lautet hierbei die Devise: „Einfach mehr“ und die wortgenaue Wiederholung des vom Patienten Gesagten sind die einfachsten und gleichzeitig wirkungsvollsten Techniken.
Nachdem die Seminarteilnehmer das „Doodeln“ – die Kritzeleien - und die Arbeit mit Gesten selbst erfahren haben, wenden sie diese vertiefenden Techniken erfolgreich selbst in der Praxis an.
Wie wirkungsvoll selbst Erfahrenes zur Verbesserung der Anamnesen beiträgt, wurde inzwischen in den darauf folgenden Supervisionen sichtbar. Das gemeinsame intensive Lernen in Seminaren, Intensivseminaren, Ausbildungsgruppen und Arbeitskreisen ist unerlässlicher Bestandteil der Ausbildung in der Empfindungsmethode.